Die widerstandsfähigen Wildpferde der Namib
Die Sonne brennt erbarmungslos auf das erschöpfte Land. Felsen. Geröll. Sand. Hier und da ein Stück vertrocknetes, gelbes Gras. Die Namib. Eine der trockensten Gegenden der Erde. Die brennende Hitze füllt die weite Leere. Hier überleben nur diejenigen, die Sand, Sturm, Dürre und Hitze aushalten können. Als Spezialisten haben sich einige Arten seit Jahrtausenden an diesen Lebensraum angepasst.
Aber eine Spezies bahnt sich ihren Weg als Neuankömmling: die Namib-Pferde - Nachkommen von Hauspferden, die erst vor 100 Jahren in diese Wüste kamen. Sie machen diese Region einzigartig. Sie machen sie zu Afrikas Wildem Westen.
Woher kommen die Wildpferde in Namibia?
Pferde sind im südlichen Afrika nicht heimisch. Die klimatischen Bedingungen hier sind untypisch für diese Huftiere. Die Pferde wurden von den europäischen Einwanderern mit der Besiedlung des südlichen Afrikas importiert. Ähnlich wie der Mustang in Amerika sollen die wild lebenden Pferde in Namibia die Nachkommen von europäischen Hauspferden sein, die verwildert sind.
Es gibt verschiedene Theorien über den Ursprung der heutigen Wildpferde, aber es gibt keinen Konsens. Es wurden Pferde als Arbeits- und Rennpferde in der Namibwüste gezüchtet. Hier könnten einige Tiere entkommen oder freigelassen worden sein. Es ist auch möglich, dass die Wildpferde die Nachkommen von Pferden sind, die einst den deutschen Truppen gehörten, die 1915 ihre Besitzer verloren, als sich die Deutschen von der südafrikanischen Armee zurückzogen.
Möglicherweise sind die Pferde aber auch während des Ersten Weltkriegs von südafrikanischen Soldaten entlaufen. Deutsche Flugzeuge bombardieren die südafrikanischen Lager. Es wird geschätzt, dass 1.700 der 6.000 stationierten Pferde überlebten und ihren Weg in die Wüste fanden. Eine andere Theorie über den Ursprung der Wildpferde bezieht sich auf die Strandung eines deutschen Barons Ende des 19. Jahrhunderts, der unter anderem Pferde an Bord hatte.
»Ein Streit entsteht, wenn sich zwei Hengste an der Wassertränke zu nahe kommen. Oder wenn eine rossige Stute in der Nähe ist.«
Diamanten als Grundbaustein einer neuen Spezies
Im Jahr 1908 wurde der erste Diamant in der Gegend von Garub gefunden. Daraufhin wurde ein großes Sperrgebiet errichtet, das sich 100 km von der Küste ins Landesinnere erstreckte. In diesem Gebiet befanden sich auch die entlaufenen Pferde. Unbefugten war es nicht erlaubt, die Wüste zu betreten. Das bedeutet, dass dieses Gebiet auch für Jäger und Pferdehändler gesperrt war.
Deshalb blieben die Pferde über 80 Jahre lang ungestört und konnten sich an die rauen Bedingungen anpassen. Heute werden die einst entlaufenen Hauspferde als eine eigene Art angesehen - die "Namibs". Im Laufe der Jahrzehnte haben sie sich zu einer eigenen Rasse entwickelt.
Künstliche Wasserquelle – Das Garub-Bohrloch als Lebenselixier
Nur an wenigen Stellen in der Namibwüste gibt es Leben im Überfluss. Aber das Bohrloch für Wasser in Garub, das einst zur Wasserversorgung der nahe gelegenen Eisenbahnlinie diente, zieht eine große Vielfalt an Lebewesen an. Das Bohrloch hat sich zu einer beliebten, lebensnotwendigen Wasserstelle entwickelt. Tierische Überlebenskünstler kommen von überall her, um ihren Durst zu stillen. Vor allem für die Pferde ist dieses künstliche, automatisierte Tränke der Mittelpunkt ihres Lebens. Sie sind evolutionär nicht auf das Leben in der Wüste vorbereitet. Der Durst zwingt sie immer wieder zu der von Menschenhand geschaffenen Oase zurück.
Was fressen Pferde in der Wüste?
In guten Jahren bietet die Wüste genug Platz und ausreichend Nahrung. Aber immer wieder wird ihr Lebensraum von Dürrejahren geplagt. In trockenen Jahren müssen die Tiere tiefer in die Namib ziehen, um etwas Essbares zu finden. Mit jedem Tag ohne Regen wird das Gras weniger. In diesen Zeiten ist die Nahrungssuche oft erfolglos. Es kommt zur Hungernot. Schwache Tiere sterben. Ein Aufschrei der Öffentlichkeit folgt. In schlechten Jahren sind die Pferde auf das Wohlwollen der Menschen angewiesen. Doch trotz aller Bemühungen geht der Bestand in diesen Zeiten stark zurück.
Wenn sie auftreten, schaffen kurze, kleinräumige Regenfälle Weideflächen. Die Suche nach genau diesen Weideflächen als Nahrungsquelle bestimmt das Leben der Namib-Pferde. Sie wandern bis zu 40 km, um die begrenzte Nahrung zu suchen, bevor sie zur einzigen künstlichen Wasserstelle zurückkehren.
Sie fressen hauptsächlich das trockene Gras, das hier in feuchten Jahren hüfthoch wächst. Nach einer langen Dürre ist das Gras jedoch vertrocknet, kurz und nährstoffarm. Außerdem fressen sie trockene Zweige und Wurzeln.
Es gibt keinen Zugang zu fruchtbaren Gebieten. Der riesige, 160 Kilometer lange Fish River Canyon versperrt den Weg nach Süden. So bleiben die ehemaligen Hauspferde Gefangene der Wüste - ein Leben am Rande der Existenz.
Als Nachkommen zum Sterben verurteilt
Bis zu 20 Stuten und Fohlen bilden eine sogenannte Zuchtgruppe mit einem oder zwei Hengsten. Der Leithengst entscheidet, wann die Herde zur oder von der Weide oder Tränke geht. Die Trockenheit prägt das ganze Leben dieser Tiere. Nicht nur die Nahrung, sondern auch die Fortpflanzung wird von ihr festgelegt. Nachkommen werden nur geboren, wenn es genug Nahrung gibt, um ihr Überleben zu sichern.
Im Juli, wenn es in Namibia Winter ist, werden Fohlen nach 11 Monaten Trächtigkeit geboren. Sand. Wind. Dürre. Sie sind auch die ersten Eindrücke des Neugeborenen und werden es sein Leben lang begleiten. Nach 15 Minuten steht das Fohlen bereits auf den Beinen, um die Zitzen seiner Mutterstute zu erreichen. Nur wenig später bewegt es sich unter dem Schutz der Herde weiter.
Die Hälfte der neugeborenen Fohlen stirbt oft schon in den ersten Wochen in der lebensfeindlichen Welt, in die sie hineingeboren werden. Tagsüber heizt die Sonne das Land auf über 50 Grad Celsius auf. Nachts sinken die Temperaturen unter den Gefrierpunkt. Andere Feinde, die in der Wüste lauern, sind Tüpfelhyänen.
Immer wieder werden die Muttertiere vor eine schwierige Entscheidung gestellt. Bleibt die Stute bei ihrem mageren, schwachen Fohlen und riskiert sie zu verhungern? Oder lässt sie ihr Junges zurück und zieht mit der Herde weiter, wenn das Fohlen zu schwach ist, um aufzustehen. Es ist ein wahres Wunder, wenn ein Fohlen in der Namib bis zum Erwachsenenalter überlebt.
»Inzucht ist noch kein Problem für die Wildpferde in der Namib.«
Bedrohungen: Der Kampf der Wildpferde ums Überleben in Namibia
In guten Jahren versammeln sich bis zu 280 Pferde an der Wasserstelle von Garub. In schlechten Jahren sind es weniger als 100. Wenn die Population der Namib-Pferde unter 50 fällt, ist das Überleben ihrer Art in Gefahr.
Bei Pferden wählen die Stuten ihre Partner aus. Sie suchen sich immer einen Hengst, mit dem sie nicht verwandt sind. Aber durch den drastischen Populationsrückgang während der Dürre wird der Genpool immer kleiner. Die Hüften der Pferde sind oft offen und blutig. Verletzungen plagen viele Pferde. Sie benutzen ihren Schweif, um Fliegen aus ihren Wunden zu scheuchen. Diese Verletzungen stammen von Angriffen von Feinden oder Kämpfen mit anderen Pferden.
Am Ende des Sommers sind sie mager. Die Rippen sind deutlich unter der Haut zu sehen. Der Mangel an Nährstoffen treibt viele Tiere in den Tod. In dieser kritischen Zeit beginnen sie, ihren eigenen Dung zu fressen, weil er mehr Eiweiß und mehr Fett enthält als das trockene Gras. Oft sieht man Tiere, die sich gegenseitig den getrockneten Schweiß vom Fell lecken, um sich mit Mineralien zu versorgen.
Der Kampf scheint angesichts der Hitze und des knappen Futters wie ein wilder Übermut. Doch es geht um das Überleben der Stärksten.
Sollen Pferde hier leben, oder nicht?
Naturschützer haben unterschiedliche Meinungen darüber, ob die Namibs schützenswert sind. Die Gegner argumentieren, dass die eingeführten Arten die empfindlichen Ökosysteme belasten, einheimische Tiere verdrängen und empfindliche Pflanzen ausrotten würden. Tatsächlich treffen in der Region Aus vier verschiedene Arten von Wüstenvegetation aufeinander, die mehr als 500 Pflanzenarten beherbergen. Viele Arten sind in der Region heimisch, einige sind sogar endemisch. Sollen sie von den Nachkommen der deutschen Kriegspferde gefressen werden? Einige Mitarbeiter des namibischen Ministeriums für Umweltschutz bezeichnen die Tiere abwertend als "Esel".
Das Image der Tiere verbesserte sich erst nach Graylings Studie. Sie wies nach, dass der Lebensraum der Pferde weniger als 1 % der Fläche des Nationalparks einnimmt. Laut Grayling beeinträchtigt die Wasserknappheit das Pflanzenwachstum stärker als die Pferde. Außerdem ist die Nahrungskonkurrenz zwischen Pferden und Wild nicht offensichtlich, da das Wild weiter weg zieht.
»Wir sollten diese Pferde schützen, denn sie sind ein Teil unserer Geschichte.«
Die Bedeutung der Wildpferde für den Tourismus
1986 wurden 350 Quadratkilometer des ehemaligen Diamantensperrgebiets in den Namib-Naukluft-Park eingegliedert. Auch heute noch sind die Wildpferde eine der führenden Touristenattraktionen im Südwesten des Landes und sorgen so für Einkommen und Arbeitsplätze im Land.
Nicht weit von der Wasserstelle in Garub, dem Lebenszentrum der Namib, wurde ein Holzunterstand errichtet, von dem aus man die Wildpferde, vor der Hitze geschützt, beobachtet werden können.
Quellenverweise:
Nordpolfilm - YouTube
Info Namibia
Süd-Afrika Magazin
ServusTV
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